| SechsstädtebundSei dabei! Steuereintreiber des Königs gesucht! We want YOU!
Spiele, bei denen die Spieler noch etwas lernen können, gibt es nicht viele. Quizspiele sind sicherlich an dieser Stelle zu nennen, aber bei normalen Gesellschaftsspielen ist der Lerneffekt nicht die Regel. Außer natürlich den sozialen Kompetenzen, die man beim Spielen mitnehmen kann, nicht in der Plastiktüte und auch nicht zum Sonderpreis, aber, wenn man sich nur ein wenig anstrengt, bekommt man eine bunte Mischung an "soft skills" eingepackt, die man sich in aller Ruhe zuhause ansehen und bewundern kann. Manch einer mag diese Dreingaben verschmähen, wird aber in Zukunft dann auch von seinen Mitspielern eventuell verschmäht.
Nun aber zürück zu dem Lerneffekt in diesem Spiel. Die wenigsten haben wohl schon von dem berühmten Sechstädtebund gehört. Dabei sollte es doch allgemein bekannt sein, dass im Jahre 1346 die Städte Görlitz, Bautzen, Löbau, Kamenz, Lauban und Zittau sich zu diesem Verteidigungsbund zusammen schlossen, um gemeinsam gegen die Landplage Raubritter anzugehen. Neben dieser, zwar nicht lebenswichtigen, aber dennoch interessanten Information, erfahren wir noch, dass Lauban 1220 gegründet wurde, Kamenz 1707 sehr stark durch einen Brand zerstört oder dass Görlitz nach dem Zweiten Weltkrieg in zwei Teile geteilt wurde.
Diese Informationen auf der Rückseite der Regel führen in ein Spiel ein, das sich ein Ziel gesetzt hat: Nicht nur unterhaltsam und strategisch sollte es sein, es sollte sich auch gut mit der Historie verknüpfen lassen und die Geschichte als Teil und nicht nur schmückendes Beiwerk vverwenden. Dies ist gelungen. Es ist sowohl unterhaltsam als auch historisch interessant und spielt sich schnell und locker.
Die Spieler wollen in den sechs Städten Waren erhalten, Pferde kaufen, Soldaten anwerben und mit dem Verkauf der Waren die Gunst der Adligen erhalten sowie Gold in Siegpunkte verwandeln. Es werden insgesamt sechs Runden gespielt, in denen jeweils zwei Städte (bei vier Spielern) belagert werden, so dass die Spieler manches Mal reisen müssen, um in eine Stadt zu gelangen und auf der anderen Seite es für jeden Spieler eine Stadt gibt, die er ansteuern kann.
In Phase 1 der Runde werden die Vorbereitungen getroffen. Es sind zwar immer die gleichen Vorbereitungen, aber da verdeckt gezogen wird, ist jede Runde anders und der Wiederspielwert sehr hoch. Zuerst werden die Städte gezogen, die belagert werden. In ihnen ist kein Handel möglich. Dann werden die Steuermarken gezogen, die angeben, was man in welcher Stadt bekommt. Die Steuermarken sind unterschiedlich wertvoll: Manche von ihnen bieten dem Steuereintreiber dieser Stadt nur zwei verschiedene Angebote, andere fünf. In jeder Stadt ist in der Mitte angegeben, welche Waren und Leistungen hier zur Verfügung stehen. Je nach Steuermarke, die sechseckig sind und in deren Mitte Pfeile auf die Leistungen und Waren zeigen, bekomme ich unterschiedliche Ressourcen. Da ich die Scheiben auch noch drehen kann, muss ich nicht nur entscheiden, welche Stadt für mich interessant ist, sondern auch, wie, wenn ich schließlich in dieser Stadt lande, die Scheibe drehen, damit ich den größtmöglichen Nutzen erhalte. Ein Beispiel: In Lauban gibt es
- drei Pferde
- drei Soldaten
- zwei Soldaten
- eine grüne Ware
-eine grüne und eine blaue Ware
- zwei rote Waren
Die Scheibe bieten eine gelbe Ware und hat vier Pfeile. Das heißt, dass ich auf zwei der Leistungen verzichten muss, aber welche? Wie drehe ich die Scheibe am schlauesten, damit ich bestimmte Ziele erreiche, auf die ich noch eingehen werde? Nicht schlecht gemacht, diese Art der Ressourcenverteilung!
In Phase 2 bewegen die Spieler ihre Pferdekarren über die Karte. Dabei müssen sie pro Stadtfeld eine Karte Soldaten abgeben, es gibt auch 3er Karten, aber ich meine eine 1er Karte. Danach stellen sie ihren Karren auf die erste Zahl, in der Regel die "0". Sollte sich hier schon eine Karren befinden, muss man seinen Karren auf eine größere Zahl stellen. Diese Zahl gibt an, wie viele Soldaten man dem anderen Spieler anbietet, damit er seinen Karren aus dieser Stadt in eine andere bewegt. Der Spieler, der zuerst da war, darf das Angebot natürlich überbieten. Dieses Spielchen geht solange, bis ein Spieler nicht mehr mehr bieten kann und das Angebot akzeptiert.
Dieser Spieler ist dann an der Reihe, oder immer noch an der Reihe und muss sich eine andere Stadt suchen, in der er seine Zelte aufschlagen kann. Eventuell geht das Spielchen dann wieder von vorne los, da auch diese Stadt nicht leer ist.
Da es aber immer genauso viele offene Städte wie Spieler gibt, bekommt jeder Spieler die Gelegenheit in einer Stadt Steuern zu erheben. Stehen alle Spieler mit ihren Karren in einer Stadt, kann die nächste Phase kommen:
Phase 3. Der Spieler, der die meisten Knappen bezahlen musste, damit er in der Stadt bleiben kann, wird der Startspieler der nächsten Phase, ist damit auch gleichzeitig Letzter der nächsten Runde. Die anderen Spieler folgen nach Werten. Bei Gleichstand entscheidet immer die Nummer auf der Stadt, so dass es keine Pattsituationen geben kann.
Phase 4 ist das Kernstück des Spieles, denn nun werden die Steuern einkassiert. Dazu dreht jeder Spieler seine Steuerscheibe so, dass er die gewünschten Waren und Leistungen bekommt. Diese nehmen die Spieler sich abwechselnd aus dem Vorrat. Sollte es einmal keine Warensteine mehr geben, Pech!
Der Spieler mit den meisten Pferdesymbolen ist der erste Spieler, der Waren in die Lagerhallen oder an die Adligen verkaufen bzw. spenden kann. Auf dem Wertungstableau liegen je zwei Lagerhallenkarten. Die linke ist für Punkte da, die rechte für Karten der Adligen, die am Ende des Spieles Punkte geben. Bin ich an der Reihe, schaue ich mir die Warensteine der anderen Spieler sehr gut an, erst dann entscheide ich mich für eine der 10 Warenreihen (je 5 rechts und links). Die Werte der Reihen links geben die Punkte an, die ich bekomme, wenn die Reihe vollständig mit Warensteinen belegt wird. Auch die Waren an sich geben Punkte. Entscheide ich mich für eine Reihe, muss ich alle Waren abgeben, die in der Reihe gefordert werden und auch vor mir liegen. Dann muss mein linker Nachbar versuchen, die Reihe zu komplettieren. Auch er bekommt für seine Waren Punkte. Gelingt es ihm nicht mit seinen Waren die Auslage zu komplettieren, ist sein linker Nachbar an der Reihe.
Sobald die Reihe voll ist, bekomme ich die Punkte. Danach ist der Spieler mit den zweitmeisten Pferdesymbolen an der Reihe.
Entscheide ich mich für die rechte Seite, bekomme ich nur für die Waren Punkte, erhalte aber, wenn meine Reihe komplettiert wird, eine der fünf Karten oberhalb des Lagerhauses, die verschiedene Adlige zeigen, oder Menschen der unterschiedlichen Stände. Je höher der Wert der Reihe (1-5), desto mehr Adlige sind zu sehen. Am Ende bekommt man Punkte für die meisten, zweit-, dritt- und viertmeisten der einzelnen Arten.
So plätschert jede Runde gemütlich vor sich hin; oder nicht ganz: Welche Stadt wähle ich als erste? Wie viele Soldanten kann ich mir leisten in dieser Runde auszugeben? Wähle ich lieber eine Stadt mit einer hohen Nummer, damit ich im Falle eines Gleichstandes gewinne? Welche Waren und/oder Leistungen soll ich nehmen? Welche Lagerreihe versuche ich zu füllen, bzw. in welche Reihe muss ich die wenigsten legen, die anderen nach mir aber so viele, dass sie voll wird?
Dies sind nur einige der Fragen, die man sich stellen muss. Von der Beantwortung der selbigen hängt dann am Ende die Platzierung ab.
Habe ich einmal nicht genügend Knappen auf der Hand, kann ich sie mit Gunst-(sieg)punkten bezahlen. Dies sollte aber mit Vorsicht praktiziert werden, denn der Kaufpreis ist nicht gerade billig: 3 Punkte für einen Knappen! Da muss sich das Ganze schon lohnen!!
Sechsstädtebund ist ein Spiel, das aus der Masse hervorsticht. Obwohl es komplex ist, da die Mechanismen unterschiedlicher nicht sein könnten, überfordert es nie und ist immer fair. In der Regel bekomme ich immer die Stadt, die meinen Finanzen (Knappen) entspricht. Hin und wieder mag man auch Glück haben, wenn ein anderer Spieler sich die Fahrt von Stadt zu Stadt nicht leisten kann, keine Karten, und nicht leisten will, wenig Punkte. Bin ich am Anfang der Runde Erster, so bin ich aber auch später Letzter; dies gilt es ebenfalls abzuwägen. So entstand ein Spiel, das mit eigentlich leichten und schnell verstandenen Regeln eine Spieltiefe zaubert, die man auf den ersten Blick niemals vermutet hätte.
Die Ständekarten sollten nicht unterschätzt werden, da sie am Ende des Spieles schon über Sieg und Niederlage entscheiden können. Nur wer den Goldenen Mittelweg geht, wird am Ende der Steuereintreiber Nummer 1 sein.
Sie sollten Sechsstädtebund kaufen, wenn Sie: | Sie sollten Sechsstädtebund nicht kaufen, wenn Sie: | - ein rundum gelungenes Spiel spielen wollen | - nicht gut auf das Finanzamt zu sprechen sind | - auf viel Abwechslung stehen | - Regeln "erarbeiten" wollen | - immer alles im Auge behalten können | - keine Spiele mögen, die immer wieder neu sind | - einfache Regeln und gutes Material wünschen | | | | | |
|
KurzinfosSechsstädtebundGesamtbewertung AutorVladimir Suchý VerlagHeidelberger SpieleverlagErscheinungsjahr2007 Spieleranzahl3 - 5 Dauerca. 60 - 90 Min. Alterab 12 Jahren Preisca. 30 € Besucher-WertungSie kennen Sechsstädtebund? Wie viele Sterne würden Sie vergeben?
Error connecting to mysql |
|