Russian RailRoads

Russian RailRoads - Worker Placement, Strategie, Wirtschaft von Helmut Ohley & Leonhard Orgler

Wer bleibt auf der Strecke?

Die meisten Eisenbahnspiele lassen den Spielern die Wahl, wie die von ihnen errichteten Strecken verlaufen sollen. So zum Beispiel Chicago Express. Oder sie geben die Strecken vor, auf denen aber nur eine bestimmte Anzahl an Spielern vertreten sein kann. Wie zum Beispiel Zug um Zug. Gerade dieses Spiel machte das Thema Eisenbahn salonfähig, war es doch bis dato mit Vertretern wie der 18xx Reihe eher Hardcorespielern vorbehalten. Russian Railroads verbindet nun das Thema Eisenbahn mit dem mittlerweile nicht mehr neuem Mechanismus Worker-Placement zu einem durchaus interessanten Spiel, bei dem es nicht nur einen Weg zum Gewinnen des Spieles gibt.

Es gibt drei Strecken, auf denen man bauen kann: Moskau-Wladivostok, Moskau-St. Petersburg und Moskau-Kiev. Ferner kann man in den Industriesektor investieren, Ingenieure anheuern und nebenbei Spezialplättchen ergattern, die einem Vorteile bringen.
Während in den meisten Eisenbahnspielen, die es den Spielern ermöglichen Gleise zu verlegen, nur eine Gleisart von A nach B gelegt wird, so kann man hier bis zu fünf qualitativ unterschiedliche Gleise legen lassen, die von 0 bis 7 Punkte pro Abschnitt bringen. Das schwarze Gleis steht allen Spielern schon zu Beginn zur Verfügung. Erreicht man damit das zweite Feld auf der Moskau-Wladivonstok-Linie, bekommt man die grauen Gleise, die man fortan ebenfalls bauen kann. Dabei gilt aber: Das schwarze Gleis ist sozusagen die Basis; ohne es verlegt zu haben, kann kein anderes Gleis daran vorbeiziehen. Heißt also, wenn ich das schwarze Gleis auf einer Strecke bis zum 5. Feld gelegt habe, darf das graue maximal bis zum 4. Feld verlegt werden. Um das nächste Gleis, das braune, zu bekommen muss ich schon das schwarze Gleis bis Feld 6 gelegt haben. Die naturfarbenen Gleise gibt es ab Feld 10 und die wertvollsten, die weißen Gleise, gibt es erst am Endfeld, der Nummer 15.
Auch wenn ich ein neues Gleis erhalte, muss ich immer die Bauregel beachten, dass ein besseres Gleis ein schlechteres niemals überholen oder damit gleichziehen darf.

Die Gleise sind aber nur die halbe Miete. Was wäre eine Eisenbahnspiel ohne Lokomotiven? Kein Eisenbahnspiel. Jeder Spieler startet auf seinem Tableau mit einer 1er Lok. Insgesamt kann man über vier Loks verfügen, zwei fahren auf der Strecke Moskau-Wladivostok, je eine auf den anderen Strecken. Ist auf einem der Streckenfelder eine kleine schwarze Lok zu sehen, so heißt das, ich muss sowohl mit der entsprechenden Gleisfarbe als auch mit der Lok dieses Feld erreichen, um den Bonus zu erhalten. Eine 1er Lok kommt nur ein Feld weit. Die besten Loks im Spiel erreichen das Feld 9, welches bei den beiden Strecken mit je nur einer Lok auch das Endfeld ist.
Im unteren Bereich des Tableaus ist die Industrieleiste. Je eingesetztem Industriepunkt kommt mein Industriemarker ein Feld vor. Zwischen dem 5. und 6. Feld ist eine Lücke, insgesamt gibt es fünf Lücken in der Industrieleiste, die Platz für eine Fabrik bieten. Fabriken sind umgedrehte, ausrangierte Lokomotiven, die alle, je nach Wertigkeit, unterschiedliche Vorteile bringen. Um also auf der Leiste voranzukommen, muss ich eine ausrangierte Lok oder eine neue Lok, die allerdings nie Lok sein wird, weil ich sie als Fabrik nutze, in die Lücke legen.

So viel erst einmal zum Spielertableau und den Grundzügen des Spieles. Bisher ging es nur um den Nutzen, den mir meine Aktionen bringen würden. Wie verhält es sich aber mit den Aktionen selbst? Dazu gibt es das Spielbrett, auf dem wir unsere Arbeiter platzieren und somit Aktionen für uns reklamieren. Jeder Spieler bekommt fünf Arbeiter, zwei kann man im Laufe des Spieles noch erhalten, mit denen er sich die Aktionen sichert. Geld kann wie ein Arbeiter eingesetzt werden, jede Münze kann einen Arbeiter ersetzen.
Auf der linken Seite des Spielplanes sind die Aktionen für das Vorrücken der Gleise. Je zwei Felder pro Farbe. Das jeweils linke Feld kostet einen Arbeiter, das rechte zwei. Da man am Anfang nur das schwarze Gleis verlegen kann, sind die unteren Felder in den ersten Runden für niemanden wählbar, da stets nur die Felder gewählt werden dürfen, deren Aktionen man auch ausführen kann. Somit wird verhindert, dass man nur aus purer Gemeinheit bestimmte Felder blockiert, obwohl man selbst davon keinen Nutzen hat.
Das Feld darunter kosten einen Arbeiter und eine Münze, dafür kann man aber zwei beliebig farbige Gleise verlegen. Dieser Arbeiter kann nicht durch eine Münze ersetzt werden. Das letzte Feld auf der linken Seite kann als einziges Feld von mehr als einem Spieler gewählt werden. Es bringt entweder ein schwarzes oder ein graues Gleis nach vorne.

Als nächstes betrachten wir den Mittelteil. Hier wird die Spielerreihenfolge festgehalten. Unter den Plätzen 1 und 2 befinden sich ebenfalls Plätze für Arbeiter. Hiermit kann man die Spielerreihenfolge verändern. Aber es gilt: Ich darf mich niemals mit einem Arbeiter unter meine eigene Figur stellen. Wer also auf Platz 2 ist, kann sich diesen nicht für die nächste Runde sichern. Sollte dann schon der 1. Platz belegt sein, kann man selber die Reihenfolge nicht mehr beeinflussen.
Russian RailRoads - Eisenbahnspiel von Hans im Glück
Der rechte Teil ist in oben und unten eingeteilt. Oben finden wir weitere Aktionen, links den Lokomotivenerwerb mit drei Feldern. Das erste kostet nur einen Arbeiter und man bekommt entweder eine Lok oder ein Industrieplättchen. Das zweite bringt den gleichen Vorteil, kostet aber schon 2 Arbeiter. Auf dem dritten Feld bekomme ich sowohl eine Lok als auch ein Industrieplättchen, muss aber 3 meiner Arbeiter dort platzieren.
In der Mitte geht es um die Industrie. Erstes Feld ein Arbeiter, ein Industriefeld. Zweites Feld zwei Arbeiter zwei Industriefelder und drittes Feld zwei Arbeiter für ein Industriefeld und ein schwarzes Gleis. Rechts nun noch drei sehr hilfreiche Felder, die aber auch wichtige Aktionen kosten können: Oben bekomme ich ein 2x Plättchen, das ich auf meiner obersten Strecke platzieren kann. In der Mitte gibt es zwei Münzen, sehr interessant. Und unten gibt es zwei Arbeiter. Ich tausche also einen gegen zwei Arbeiter. Entschiedet man sich für eines der drei Felder, kann man schon einen recht guten Bonus bekommen. Dafür kann es aber passieren, dass, wenn ich wieder an der Reihe bin, die Gleisbaufelder, zumindest die guten, schon belegt sind. Allerdings behalte ich die Münzen auch in den weiteren Runden, so dass dies schon ein verschmerzbares Risiko ist. Die Arbeiter muss ich am Ende der Runde wieder abgeben.

Der letzte Bereich sind die Ingenieure. Insgesamt kommen sieben ins Spiel. Einer liegt zu Beginn auf dem Erwerbsfeld. Ihn anzuheuern kostet eine Münze. Ingenieure haben den Vorteil, dass sie Aktionen bieten, auf die ich dann exklusiv Zugriff habe. Natürlich kosten mich diese Aktionen weiterhin einen Arbeiter, aber außer mir kann niemand diese Aktionen ausführen. Auf den zwei Feldern daneben liegen zwei Ingenieure offen aus, das bedeutet, dass man ihre Aktionen nutzen kann, wenn man einen Arbeiter daraufstellt. Die übrigen vier liegen verdeckt, je Spielrunde rücken die Ingenieure weiter nach rechts.

Im Grunde verläuft eine Spielrunde genauso, wie in hundert anderen Worker-Placement-Spielen: Wir setzen der Spielerreihenfolge gemäß unsere Arbeiter, wer keine mehr hat passt und bekommt einige Punkte dafür, sobald alle gepasst haben kommt es zur Wertung der Runde. Zuerst werden die Strecken gewertet, dann die Industrie. Zum Schluss wird die Spielerreihenfolge angepasst, alle Spieler bekommen ihre Arbeiter wieder und das Spielfeld wird für die neue Runde vorbereitet.
Diesen Ablauf kennt man, daran hat man sich mittlerweile gewöhnt. Nichts Neues. Aber wie in jedem dieser Spiele ist es die Kombination der einzelnen Aktionen, die den Spielspaß ausmachen und das -erlebnis definieren. Es gibt duchaus unterschiedliche Wege zum Erfolg, nicht zu viele, aber genügend für einige unterhaltsame Partien; es kommt auch immer darauf an, mit wem man spielt und ob die Mitspieler das Spiel schon kennen. Der größte Teil der Spielzeit geht fürs Abwägen drauf: Das beginnt mit der Frage Welche Strecke - und damit Strategie - soll es sein? und endet mit Welche Aktion ist jetzt wichtiger?
Die erste Strecke bringt die neuen Gleise. Mit den neuen Gleisen kommen Aussichten auf mehr Punkte beim Werten der Strecken. Aber nur, wenn man diese Gleise auch baut. Außerdem kann ich auf dieser Strecke einen weiteren Arbeiter bekommen. Je früher, desto besser.
Die zweite Strecke bringt zwei ?-Plättchen, die recht gute Boni enthalten können. "Können" deswegen, weil es einige Boni nur einmal gibt und wer sich diese schneller sichert, bekommt sie auch. So kann man relativ früh eine 9er Lok bekommen oder einen weiteren Ingenieur.
Auf der dritten Strecke bringen auch die schwarzen Gleise Punkte. Außerdem gibt es hier ebenfalls einen weiteren Arbeiter und, wenn man es clever anstellt, mit Hilfe eines ?-Plättchens, kann man hier pro Runde 40 Punkte absahnen. Das dauert natürlich schon ein paar Runden. Da nur sechs gespielt werden, muss man sich schon darauf konzentrieren. Was brauche ich für die 40 Punkte? Ich muss auf der 2. Strecke mindestens eine 4er Lok haben und das Gleis bis Feld 4 ausgebaut haben um ein ?-Plättchen zu erhalten, das 20 Punkte auf der 3. Strecke dazugibt. Auf der 3. Strecke brauche ich eine 8er Lok und muss das schwarze Gleis bis Feld 8 ausgebaut haben. Da man bessere Loks erst bekommt, wenn alle schlechteren weg sind, also 3er erst verfügbar sind, wenn alle 2er genommen wurden, kann es schon mal dauern, bis man eine 8er Lok erhält.
Wenn man das alles mal zusammenrechnet, kommt man auf (bei optimaler Ausbeute der Aktionen) 8 Arbeiter für die schwarzen Gleise (über vier Runden oder 7 Arbeiter in drei Runden) und zwei Arbeiter für die Loks, die allerdings nicht alle von Anfang an verfügbar sind. Aber optimal wird es nie sein, da man ja nicht alleine spielt!

Um mit den Gleisen richtig zu punkten muss ich ebenfalls viele Aktionen darauf verwenden: Das schwarze Gleis muss bis auf Feld 15, das graue sollte vielleicht bis Feld 6 oder 7, das braune direkt dahinter und dann gefolgt von natur und weiß.
Egal welche Taktik ich fahre, alles schaffe ich nicht, aber mich nur auf einen Weg zu konzentrieren geht auch nicht, weil andere Strecken auch befahren werden müssen/sollten, da deren Vorteile nicht unter den Tisch fallen können. ?-Plättchen sind wichtig. Zwei sollte man versuchen zu bekommen. Industrie kann interessant sein. Besonders durch die Fabriken und deren Sonderaktionen. Ingenieure sind sehr hilfreich, außerdem bescheren sie am Ende des Spieles demjenigen Spieler 40 Puntke, der die meisten anheuern konnte. Viele Ingenieure, zusammen mit bestimmten Fabriken, verhelfen zu einem nicht mehr einholbaren Vorsprung: Die Rückseite der 1er Loks zeigt eine Fabrik, deren Aktion es ist, dem Spieler Punkte für seine ausliegenden Ingenieure zu geben. Jeder Konstrukteur hat einen Zahlenwert. Diesen bekommt man in Punkten ausbezahlt. Für jeden einzelnen. Es sollte also das Ziel aller Spieler sein zu verhindern, dass ein Spieler zu viele Dipl-Ings bekommt und dann noch die 1er Lok als Fabrik. Dieser Umstand ist ein wenig lästig, da jeder gerne seine 1er Loks gegen bessere eintauschen möchte, tut man dies aber zu früh oder tun es zu viele Spieler, kann es zu dieser Situation kommen und damit das Spielgleichgewicht erheblich stören. Das letzte Spiel gewann Axel mit circa 50 Punkten Vorsprung aus genau diesem Grund. Die 40 Punkte, die er für die Mehrzahl an Ingenieuren erhielt konnten wir während des Spieles kompensieren, die über 50 Punkte, die er für diese Aktionen auf seiner Industrieleiste bekam, nicht mehr.
Um dies zu verhindern müssen die Spieler ihre eigenen Wünsche und Ideen nach hinten anstellen. Will man das? Eigentlich nicht. Ich will keinen Ingenieur kaufen, wenn mich seine Aktion nicht anspricht oder eine 1er Lok bis zum Schluss behalten, damit ein anderer Spieler sie nicht nutzen kann. Ich will mein Spiel machen und mich um solche Dinge nicht kümmern. Mal jemandem eine Aktion wegschnappen, wenn man sie denn ausführen kann, okay, also ein wenig darauf achten, was die anderen Spieler vorhaben könnten. Aber ein so massiver Eingriff in meine Spielweise ist nicht vertretbar. Dies ist der einzige, wenn auch große, Kritikpunkt an einem ansonsten hervorragendem Spiel.

Russian RailRoads macht vieles richtig: eine gute Regel, gutes Material, ein interessantes Thema, das gut umgesetzt wurde, ein spannender Mechanismus mit den unterschiedlichen Gleisen. Auch die Grafik ist gut und gibt dem gesamten Spiel ein 1920er Flair. Wer also auf der Suche nach einem Eisenbahnspiel mit Worker-Placement-Mechanismus ist, ist gut beraten sich RRR anzusehen. Sollte man inzwischen an den WP-Spielen überdrüssig sein, so wird es schwer adequaten Ersatz zu finden.

Sie sollten Russian RailRoads kaufen, wenn Sie:
Sie sollten Russian RailRoads nicht kaufen, wenn Sie:
- gern komplexe Spiele spielen, die aber nicht zu komplex sind- keine abendfüllenden Spiele mögen
- auf unterschiedliche Gewinnstrategien stehen- nie wissen, wo man anfangen soll
- gutes Material mit einer guten Regel und mit einem guten Spiel kombiniert sehen wollen- nicht gerne auf mehr als einer Baustelle arbeiten wollen


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Kurzinfos

Russian RailRoads

Gesamtbewertung

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Autor

Helmut Ohley & Leonhard Orgler

Verlag

Hans im Glück

Erscheinungsjahr

2013

Spieleranzahl

2 - 4

Dauer

ca. 120 - 150 Min.

Alter

ab 12 Jahren

Preis

ca. 36 €

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