| NoblemenEngland im 16. JahrhundertWas als erstes auffällt, ist das Gewicht der Schachtel. Auch wenn das Format nicht den Rahmen des Üblichen sprengt, so ist man doch von dem Gewicht überrascht. Liest man sich die Tabelle des Spielmaterials durch, versteht man, warum die Schachtel so schwer ist. Angenehmerweise ist das darin enthaltene Spiel keine schwere Kost; was nicht heißen soll, dass es sich um ein simples Spiel handeln würde. Weit gefehlt. Noblemen überrascht auch an dieser Stelle. Nicht nur sind die Regeln schnell verstanden, sondern bemerkt man schnell, dass es sich trotz einer scheinbar leichten Regel um ein recht komplexes Spiel handelt, das aber eben nicht drei bis vier Versuche braucht, damit man alle Regeln und Möglichkeiten verstanden hat. Eine sehr gute Mischung!
Wir befinden uns im England des 16. Jahrhunderts und die Spieler versuchen für ihre Familie Ansehen und Einfluss zu gewinnen. Dies geht am besten mit Ländereien, aber auch mit Adelstiteln, Spenden an die Kirche und Maskenbälle. Wer aber nur Ländereien zusammenrafft und keine Gebäude baut, wird am Ende mit nur wenigen Siegpunkten dastehen, so heißt es eben auch bauen, bauen, bauen.
Das Spiel wird über drei Dekaden gespielt, wie viele Züge es gibt, hängt aber von den Aktionen der Spieler ab. Im Grundspiel beginnen wir mit 12 Landplättchen, die wir hinter unserem Schirm verwahren, etwas Geld und einem Schloss auf einer Wiese. Dieses Plättchen, zusammen mit dem Schloss, befindet sich vor unserem Schirm und hier legen wir die weiteren Plättchen an. Ein Spieler bekommt noch die Königin und los kann es gehen. Bin ich an der Reihe, habe ich sieben Möglichkeiten, von denen ich aber nur eine nutzen darf.
1. Anwesen vergrößern: Wähle ich diese Aktion, nehme ich bis zu drei, nur wenn man weniger hat aber unbedingt diese Aktion ausführen will, sollte man weniger nehmen, und lege sie an meine schon ausliegenden Plättchen an. Dabei ist darauf zu achten, dass immer eine Seite an eine andere gelegt werden muss. Es gibt, neben den Wiesen, auf denen man Gebäude errichten darf, noch drei andere Arten von Plättchen: Wald, Garten und Acker. Für jeden Wald, den ich auslege, darf ich ein neues Plättchen aus dem Sack ziehen. Sollte ich vier zu einem Forst zusammenlegen, bekomme ich zwei extra. Für Gärten bekomme ich nichts, sie zählen beim Maskenball. Äcker versorgen mich mit Geld. Pro ausgelegtem Acker ein Pfund, lege ich so an, dass ein Gut entsteht, vier Äcker zusammen, bekomme ich zwei Pfund extra. Sowohl Plättchen als auch Geld gibt es nur beim Auslegen!
2. Gebäude bauen: Es gibt vier Gebäude: Die Burgen, Paläste, Kirchen und Follys. Burgen dürfen nicht angrezend an andere Burgen gebaut werden und müssen, wie alle Gebäude, auf einer Wiese errichtet werden. Sie geben am Ende einer Dekade 3 Punkte. Grenzen sie an eine Kirche, bekomme ich einen weiteren Siegpunkt. Und ich darf einen Ritter setzen. Damit wären Kirchen auch schon erklärt. Paläste ersetzen Burgen und geben am Ende 5 Punkte. Außerdem erhöhen sie die Ausbeute der Kirchen um 1 Punkt. Zusätzlich geben sie Prestige in den Runden der Maskenbälle. Alle Gebäude sind pro Dekade nur begrenzt verfügbar und werden mit zunehmender Knappheit teurer. Follys darf ich nur bauen, wenn ich die spezifischen Vorgaben erfülle (z. B. zwei Güter oder zwei Gärten)
3. Königsfamilie bestehen: Diese Plättchen kosten je 2 Pfund und geben mir sofort einen Siegpunkt. Ich kann sie während des Maskenballes einsetzen um 1 Prestige zu erhalten oder während der nachfolgenden zwei Aktionsmöglichkeiten um meinen Ertrag um 1 zu erhöhen. Es gibt kein Kauflimit.
4. Steuern eintreiben: Pro Acker bekomme ich 1 Pfund, pro Gut 2 und jeder Ritter, der auf einem Gut eines anderen Spielers steht steuert nochmals 2 Pfund dazu. Stehen Ritter auf meinen Gütern bekomme ich nichts dafür, nur die 4 Pfund für die vier Äcker. Diese Aktion kann ich nur einmal pro Dekade ausführen.
5. Land gewinnen: Wie "Steuern eintreiben" kann ich die Aktion nur einmal pro Dekade ausführen und bekomme pro Wald 1 Plättchen, pro Forst 2 und für jeden Ritter auf einem anderen Fort ebenfalls 2 Plättchen aus dem Sack. Stehen fremde Ritter auf einem meiner Forste gibt es nichts dafür.
6. Der Kirche stiften: Pro Dekade nimmt die Kirche bis zu drei Plättchen einer Sorte und gibt dafür je einen Siegpunkt. Kennt man die Kirche, überrascht diese Bescheidenheit. Aber was soll's. Diese Aktion ist am Ende des Spieles besonders interessant, da man oft keine weiteren Möglichkeiten hat.
7. Müßiggang. Aussetzen und 1 Siegpunkt bekommen.
In der Mitte des Spielfeldes befindet sich der Rundenanzeiger. Immer, wenn der Spieler mit der Königin seinen Zug beendet, wandert er ein Feld nach vorne. Die Königin bekomme ich nur, wenn ich einen Palast baue oder einen vollständigen Garten eines anderen Spielers mit einem Ritter besetze. Da jeder Spieler aber nur zwei Ritter hat, muss man schon gut überlegen, ob man ihn dort einsetzen möchte. Allerdings bekommt man zusätzlich noch zwei Prestige während der Maskenbälle, die durchaus wichtig sind. Ein einmal eingesetzter Ritter kann nicht mehr verschoben werden.
Immer wenn die Königin den Besitzer wechselt kommt es also zu einer Verkürzung der Anzahl der Züge. Da es in einer Runde maximal 8 Züge, also acht Aktionen, geben kann, wird häufiges Wechseln der Königin das Spiel ordentlich verkürzen. Warum also die Königin nicht da lassen, wo sie ist? Zum einen bekommt der Spieler mit der Königin 1 Siegpunkt am Ende seines Zuges, so dass der erste Spieler mit der Königin oft das Feld anführt, bis zu das erste Mal den Besitzer wechselt und zum anderen kann es taktisch vorteilhaft sein, bestimmten Spielern einen Zug zu "klauen".
Ein kleiner Glücksfaktor kommt noch mit den Ereigniskarten hinein. Zu Beginn jeder Dekade bekommen die Spieler 3 Karten vom Stapel, von denen sie eine behalten dürfen. Diese können einen mit extra Plättchen, Geld oder Prestigepunkten versorgen. Eine Burg ist auch dabei oder die Möglichkeit alle drei Karten zu behalten, die ich am Anfang einer Dekade bekomme oder wenn ich eine Kirche baue. Auch die Königin kann ich auf diese Weise erhalten. Spieler, die eine der 3 Intrigenkarten ziehen, man darf alle drei Karten behalten, haben sicherlich einen Vorteil. Auch die 3 Erpressungskarten, die einem 3 Prestige während des Maskenballes gewähren helfen sehr. Insgesamt helfen alle Karten und je mehr man bekommen kann, desto besser.
Der Maskenball: Dies ist eine Art Wertung in der Runde, die allerdings keine direkten Siegpunkte bringt. Aber vielleicht einen neuen Titel, der mit Siegpunkten und Geld verknüpft ist. Es gibt pro Dekade zwei Maskenbälle. Kommt es zu einem. zählen die Spieler alle ihre prestigebringenden Bauten und Plättchen zusammen. Zur Erinnerung: 1 Punkt pro Garten, 2 pro Brunnen, 2 pro Palast und 2 pro besetztem Brunnen eines Mitspielers. Dazu kommen Bestechungsplättchen und Erpressungskarten. Das alles wird auf einer zweiten Zählleiste festgehalten. Der Spieler mit dem meisten Prestige darf den, für ihn zugänglichen, besten neuen Titel bekommen. Um den besten Titel zu bekommen, muss man schon 14 Prestige zusammen bekommen. Dafür bekommt man aber auch sofort 7 Siegpunkte. Da es insgesamt 6 Maskenbälle in einem Spiel gibt, ist es durchaus interessant in Brunnen und Gärten sowie Paläste zu investieren.
In der letzten Aktionsrunde darf die Königin nicht mehr wechseln. Danach kommt die Wertung der Gebäude. Auch hier noch einmal die Daten: Burg 3, je angrenzende Kirche +1 und Palast 5, je angrenzende Kirche +2. Für die Follys bekommt man sofort wenn man sie baut Punkte. Das erste ist 12 Punkte wert, dann 10, 8 und 6.
Wer nach 3 Dekaden die meisten Siegpunkte hat, gewinnt.
Sicherlich habe ich kleine Regelfeinheiten vergessen, wie zum Beispiel, dass man jederzeit in seinem Zug zwei Plättchen gegen ein beliebiges aus dem Sack tauschen darf oder dass die Anzahl der Gebäude und Adelstitel von der Anzahl der Spieler abhängig ist. Aber dies soll ja auch keine Zusammenfassung der Regeln sein.
Interessant ist das Spiel allemal. Besonders der Verkürzungsmechanismus hat uns gefallen, auch wenn alle Spieler das eine oder andere Mal darunter gelitten haben. Auch die Sichtschirme muss man hervorheben, da sie alle Möglichkeiten sehr gut wiedergeben und es so eigentlich keine Fragen während des Spieles gibt, zumindest keine, die nicht durch einen Blick auf den Sichtschirm oder die guten Spielhilfen zu klären wären. Ebenfalls erklären sich die Karten eigentlich von alleine; im ersten Spiel kann es sein, dass man hier vielleicht noch einmal in die Regeln schauen muss.
Wie bei vielen Spielen dieser Klasse, muss man den schmalen Grad beschreiten, der zwischen allen Aktionen verläuft. Ohne Landplättchen bekomme ich keine Boni, ohne Geld keine Gebäude und ohne Gebäude keine Siegpunkte. Ohne Brunnen und Gärten bekomme ich kein Prestige und ohne Kirchen zu erwerben keine neuen Karten. Die Follys kosten je 12 Pfund, was schon eine Menge ist, da man gerademal mit 10+ startet, reihum hinter dem Startspieler bekommt jeder ein Gold mehr.
Am Anfang die Königin zu haben ist schon ein starker Vorteil, da es ein wenig dauert, bis man Paläste bauen kann oder einen Garten vervollständigt hat. So kann ein Spieler auf diese Weise schon mal bis zu 8 Punkte bekommen. Nicht oft, aber möglich.
Die Vorgabe sich auf zwei Blöcke - Ländereien für Gebäude und den Maskenball - konzentrieren zu müssen, macht den Reiz des Spieles aus. Die Maskenbälle komplett zu ignorieren geht nicht, dabei würden zu viele Siegpunkte verloren gehen. Sich dabei aber zu verausgaben und nur auf Brunnen und Gärten zu setzen, geht auch nicht, da man ansonsten an kein Geld und keine neuen Plättchen kommt. Auch die Wahl der besten Zeit Steuern zu erheben oder Land zu gewinnen ist nicht immer leicht, ständig will man etwas anderes tun, was einem wichtiger erscheint.
Bin ich zu schnell mit dem Vervollständigen eines Gutes, Forstes oder Gartens, kommen die Geier, in der Gestalt eines Ritters eines anderen Spielers und nehmen mir meinen Bonus wieder weg. Allerdings geben die kompletten Gelände einen schönen Bonus, den man gerne mitnehmen möchte. Was also tun?
Die wichtigste Regel, die ich oben vergessen habe ist, dass ein Gebäude nur gewertet wird, wenn es auf allen Seiten, auch diagonal, wie das Kloster bei Carcassonne, von Plättchen umgeben ist. Ansonsten geht man leer aus. Daher muss man auch wieder seine Auslage vergrößern.
Noblemen hat allen wirklich gut gefallen. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig und durch den leichten und schnellen Einstieg kann man es sehr gut und sehr gerne öfters spielen. Vielleicht gibt es keine 100 Wege zum Sieg, aber seine Züge so zu optimieren, dass man am Ende auf dem obersten Podest steht, ist ein Reiz, dem wir immer wieder erlegen sein werden.
Sie sollten Noblemen kaufen, wenn Sie: | Sie sollten Noblemen nicht kaufen, wenn Sie: | - gute Strategiespiele suchen, die nicht zu überladen sind | - mit englischer Geschichte nichts am Hut haben | - eine gute Hintergrundgeschichte zu schätzen wissen | - nicht wollen, dass Spieler unterschiedlich oft am Zug sind | - gutes Material mit einer gut strukturierten Regel bevorzugen | - leicht den Überblick verlieren | | | | | | |
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KurzinfosNoblemenGesamtbewertung AutorDwight Sullivan VerlagPegasus SpieleErscheinungsjahr2012 Spieleranzahl3 - 5 Dauerca. 75 - 120 Min. Alterab 12 Jahren Preisca. 40 € Besucher-WertungSie kennen Noblemen? Wie viele Sterne würden Sie vergeben?
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