| Kolejka - Die WarteschlangeEin Geduldsspiel
Überblick
Die Spieler schlüpfen in die Rolle von Einkaufswilligen im Polen zu Zeiten des Sozialismus. Mit ihren Spielfiguren bilden sie Warteschlagen, um nach und nach vorgegebene Waren zu kaufen. Selbstverständlich wissen sie beim Anstellen in der Regel noch nicht, ob die Waren im jeweiligen Laden überhaupt erhältlich sein werden – aber immerhin, dass sie meist nicht für alle Anstehenden reichen. Und es gibt in Warteschlangen manchen nicht von allen Beteiligten gleichermaßen gewünschten Platzwechsel und andere Überraschungen.
Wie funktioniert es?
Mit Kleidung, Nahrung, Möbeln, Haushaltsgegenständen und am Kiosk Erhältlichem sind fünf Warenarten im Spiel. Jeder Spieler erhält zu Beginn einen Einkaufszettel. Auf jedem sind vier dieser Warenarten verzeichnet, beispielsweise 1 Möbelstück, 2 Kleidungsstück, 3 Haushaltsgegenstände und 4 mal Nahrung. Diese Einkaufszettel unterscheiden sich von Spieler zu Spieler, sodass es für manche interessant ist, sich in die Warteschlange des Lebensmittelladens einzureihen, für einen anderen aber genau nicht. Diese Einkaufszettel werden offen ausgelegt. Es kann also jeder sehen, welcher Spieler noch wie weit von seinem Ziel entfernt ist – und ggf. gezielt gegen denjenigen agieren, dem nur noch ganz wenige Waren vom vollständigen Abarbeiten seines Einkaufszettels trennen.
Zunächst setzen alle Spieler ihre je 5 Figuren in die für Warteschlangen vorgesehen Felder des Spielplans, selbstverständlich beginnend an der Ladentür, und wer später kommt, reiht sich dahinter ein. Wirklich selbstverständlich? Zunächst ja, aber nichts ist in Stein gemeißelt.
Sobald alle Spieler ihre 5 Figuren in die Warteschlangen verteilt haben, wird ans Ende noch je eine von niemandem geführte Spekulanten-Spielfigur gestellt.
Erst wenn die Warteschlangen komplett sind, stellt sich heraus, welche Waren den 5 Läden überhaupt geliefert werden. Dazu werden von einem verdeckten Stapel drei Karten gezogen, die beispielsweise anzeigen, dass 2 Kleidungsstücke ins Spiel kommen, 3 Einrichtungsgegenstände und 1 mal Nahrung. Ins Spiel kommen heißt, dass diese Karten vom jeweiligen Warenkartenstapel in die zugehörigen Läden gelegt werden. Es ist also zu Beginn einer Runde nur klar, dass maximal 3 der 5 Läden mit Waren beliefert werden.
Die folgende Phase einer Runde ist die spannendste: Vor jedem Spieler liegt verdeckt ein 10 gut gemischte Karten umfassender Stapel. Von diesen Karten haben zu Beginn jeder Runde alle Spieler drei auf der Hand. Diese Karten erlauben manche Dreistigkeit. Dem Hinweis der Spielregel, die Texte auf den Karten im eigenen Interesse zuvor gut zu lesen, sollte wirklich Folge geleistet werden. Das mit einer dieser Karten ermöglichte Vordrängeln innerhalb einer Warteschlange ist noch mit das Harmloseste, das Zurücksetzen einer anderen Figur in einer Warteschlange mitunter schon entscheidender. Fies ist es, eine eigene Figur aus einer Warteschlange zu entfernen und an die zweite Stelle einer anderen einzusetzen. Einigermaßen unrealistisch, aber sehr wirkungsvoll ist das Umkehren der Warteschlange – die Letzten werden die Ersten sein ... Ebenfalls weniger Realitätsnähe bringt die Karte "Fehllieferung" mit sich: Eine Ware wird vom Vorrat eines Ladens in einen anderen Laden gelegt – dann gibt es beispielsweise in der Drogerie auf einmal eine Hose oder Äpfel zu kaufen. Nett ist auch die Karte, die es dem vorn in einer Warteschlange Stehenden erlaubt, bereits vor Beginn der Laden-Öffnungszeit eine Warenkarte aus diesem Laden zu erhaschen. Einen gewissen Vorteil kann sich unter Umständen verschaffen, wer zusätzliche Waren in einen Laden bringt. Wenig Freunde macht sich, wer kurz vor Ladenöffnung noch eine Inventur-Karte in einen Laden legt, auf dessen dadurch blockierte Waren sich manche bereits freuten. Hilfreich wirkt die Karte, die das Betrachten der obersten beiden am Beginn der nächsten Runde zu ziehenden Warennachschubkarten zulässt: Wer schon weiß, welcher Laden leer ausgehen wird, braucht in dessen Warteschlange keine Spielfigur einsetzen – natürlich achten dann alle anderen genau darauf, wo der Linser seine Spielfiguren nächste Runde anstellt ...
Was nun kommt, ist wohl naheliegend: Die Läden öffnen, die Waren werden solange an die jeweils Vordersten in jeder Warteschlange ausgegeben, bis der Laden ausverkauft ist. Nur selten bleiben Waren aus der vorigen Runde übrig.
Insbesondere gegen Ende des Spiels hat vielleicht die eine oder der andere mehr Waren erworben, als auf dem jeweiligen Einkaufszettel stehen. Dafür hält das Spiel ergänzend den Markt bereit – selbstverständlich ebenfalls mittels Warteschlange geregelt: Hier können unliebsame Waren im Verhältnis 2:1 in eine gewünschte Ware getauscht werden – soweit vorrätig. Die am Markt erhältlichen Waren werden in fünf Stapeln angeboten. Auf einem davon steht die Marktfrau: Sie erlaubt das Tauschen im Verhältnis 1:1. Wie kommen Waren auf den Markt? Die oben erwähnten Spekulanten transferieren, wenn sie in einer Laden-Warteschlange an die Reihe kommen, je eine dort erhältliche Warenkarte auf den jeweiligen Markt-Stapel.
Die nicht bedienten Kunden jeder Warteschlange bleiben stehen, die Marktfrau rückt einen Warenkartenstapel weiter, und die nächste Runde kann beginnen. Wer zuerst seinen Einkaufszettel erfüllt hat, gewinnt sofort.
Was macht den Reiz aus?
Zum einen will wohl überlegt sein, in welche Warteschlange man eine Spielfigur einsetzt. Hat man an der dritten Position noch eine Chance? Hat man eine Karte zur Hand, die diese Positionierung "optimiert"?
Zum anderen ist der Einsatz der Karten ein zentrales Element, mit denen man die eigenen Siegchancen erhöhen kann. Allerdings ist der Vorrat dieser 10 Karten schnell aufgebraucht, und erst nach der fünften Runde kommen die abgelegten wieder ins Spiel. Daher gilt es genau zu überlegen, wann welche Karte wirklich so wirksam ist, dass sie gespielt werden sollte.
Wichtig ist sowohl die eigenen Ziele im Auge zu behalten als auch wie viele Warenkarten die lieben Mitspieler noch vom Erfüllen ihres Einkaufszettels trennen.
Material und Anleitung
Die gewünschte triste Atmosphäre kommt gut rüber: Der Spielplan ist in Grautönen gestaltet, und die Schachtel sieht aus wie leicht zerknittertes Einwickelpapier.
Die Spielregeln sind erfreulich kompakt und schnell erklärt. Es kann schnell mit dem Spielen losgehen. Die in erstaunlich vielen Sprachen beigefügte Anleitung beantwortet so gut wie alle Fragen. Und sie gibt Hintergrundinformationen zur realen Versorgung der Bevölkerung in Polen vor einigen Jahrzehnten sowie Fotos aus der Zeit.
Das Spiel wurde in Polen entwickelt, aber es liegen Aufkleber bei, die Texte auf Spielkarten in die gewünschte Sprache transferieren. Die grafische Umsetzung dieser Texte hätte fallweise etwas griffiger sein dürfen, und gelbe Schrift auf hellem Grund liest sich nicht bei jeder Beleuchtung wirklich leicht.
Als ungünstig erwies sich, dass zwei Kartenarten das gleiche Format haben: Bei einem Probespiel verblieben versehentlich einige Karten in einem verkehrten Stapel, was erst nach dem Ende des Spiels auffiel. Das Fehlen dieser Karten hat die Chancen einer Testspielerin und ihre Freude am Spielen erheblich geschmälert.
Günstig wäre es, wäre auf der Seite der Warenkarten, die vom Rasierapparat bis zur Jacke Waren abbilden, auch das Kategoriesymbol dieser Warenart zu sehen. Die Warenart ergibt sich zwar auch aus dem farbigen Rand der Karten, aber je nach Beleuchtung kann es mal zu Fehlzuordnungen kommen.
Irritiert hat uns die in der Spielregel erwähnte 2:1-Tauschmöglichkeit: Aus diesem Begriff ergibt sich nicht zweifelsfrei, ob zwei Karten abzugeben sind um eine zu erhalten oder andersherum. Erst mehrere Zeilen weiter unten erhellt ein nebenbei eingestreuter Begriff, wie es gemeint sein dürfte.
Eine besondere Attraktion sind sich viele Abbildungen von Gegenständen der 80er Jahre auf den Warenkarten.
Resümee
Anders als auch erwartbar gewesen wäre, handelt es sich weitgehend nicht um eine Persiflage der Einkaufsmöglichkeiten im Sozialismus, sondern um den Versuch, sie einigermaßen realistisch abzubilden. Lediglich die Einflusskarten bringen mit ihrer Darstellung handelnder Einflussnehmer ein persiflierendes Element hinein.
Eigentlich hätte es das Spiel verdient, dass alle Spieler ausgiebig die Anmerkungen zur historischen Situation im sozialistischen Polen lesen bzw. sich vorlesen lassen, denn es handelt sich um ein Lernspiel. Allerdings fiel auf, dass in diesen Anmerkungen manch zentrale Information fehlt.
Anders als von manchem anderen Lernspiel gewohnt, ist dieses durchaus unterhaltsam. Nach dem Ende des Probespiels waren wir uns einig: Das nehmen wir uns gelegentlich gern erneut vor.
Dirk Bake
Sie sollten Kolejka - Die Warteschlange kaufen, wenn Sie: | Sie sollten Kolejka - Die Warteschlange nicht kaufen, wenn Sie: | - ein Gefühl dafür bekommen wollen, mit welchen Hindernissen es Menschen im "real existierenden Sozialismus" zu tun hatten, | - sich nicht gern frustrieren lassen, | - gern mal andere vors (natürlich nur virtuelle) Schienbein treten, | - es unrealistisch finden, dass auf einem Einkaufszettel nur Möbel steht, es aber fürs Spiel völlig egal ist, ob man Sessel, Tische oder Schränke kauft. | - gern einkaufen – auch unter erheblich erschwerten Bedingungen. | - selbst mal in den hier dargestellten Verhältnissen leben mussten und ungern daran erinnert werden möchten, | | - es ablehnen, dass unter anderem Alkoholika, Fleisch und Zigaretten zu den angebotenen Waren gehören. | | | | |
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KurzinfosKolejka - Die WarteschlangeGesamtbewertung AutorKarol Madaj VerlagHuchErscheinungsjahr2011 Spieleranzahl2 - 5 Dauerca. 45 - 60 Min. Alterab 12 Jahren Preisca. 30 € Besucher-WertungSie kennen Kolejka - Die Warteschlange? Wie viele Sterne würden Sie vergeben?
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