| ImperialGeld regiert die WeltNormalerweise eröffnet der Rezensent eine Rezension mit einer kleinen Anekdote oder einer interessanten Bemerkung über das Spiel. Manchmal gibt er auch von seinem Wissen preis und konstruiert eine kleine Szene, die aus dem Spiel stammen könnte und in einen historischen Kontext eingebunden ist. Der Leser ist in der Regel erfreut nicht gleich über das Spiel lesen zu müssen, sondern erst mit einer kurzen Einführung an den Inhalt des Spieles heran geführt zu werden. So kann der Rezensent sein enormes Fachwissen, das er sich höchstwahrscheinlich gerade erst bei wikipedia oder sonstwo geholt hat, preisgeben und damit Eindruck beim Leser schinden. Manchmal möchte man als Rezensent einfach so anfangen, ohne langes Vorgeplapper, einfach so: „Bei Imperial übernehmen die Spieler die Rolle von Investoren.“ Aber welcher Rezensent, der etwas auf sich hält, würde mit diesem Satz beginnen? Nun, ich jedenfalls nicht. Nein, so etwas werden Sie bei mir nicht lesen. Zu Anfang vielleicht, als das alles noch neu war, aber jetzt?! Niemals. Wir reden hier schließlich von Qualitätsrezensionen.
So, nachdem Sie nun eine kleine Einführung gelesen haben, die, ehrlich gesagt, nicht bei wikipedia recherchiert wurde, können wir mit dem Eigentlichen beginnen. Dass Geld in der Geschichte immer mehr Einfluss hatte als alles andere, ist sicherlich hinreichend bekannt. Wer es dennoch deutlicher haben möchte, der möge Imperium von Robert Harris lesen, ein Buch über das Leben von Marcus Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr. (danke wikipedia), das sehr gut veranschaulicht, dass man es nicht zu Amt und Würden bringen kann, wenn man nicht die richtigen Leute kennt oder bestechen kann. Sicherlich eines der besten Bücher, die ich seit langem gelesen habe. Außerdem passt der Titel so gut zum Spiel, hach, welch eine Verbindung.
Imperium heißt übrigens Herrschaft oder Befehlsgewalt und auch darum soll es im Spiel gehen.
In Imperial übernehmen die Spieler also die Rolle von Investoren, die Staaten Kredite geben und durch Dividenenzahlungen reich werden. Wer am Ende das meiste Geld besitzt, gewinnt.
Das Spielfeld zeigt Europa am Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Großmächte England, Frankreich, Italien, Das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn und Russland streiten um die Vormachtstellung. Auch wenn die Karte an Diplomacy erinnert – und nicht nur die Karte, einige Aktionen auch – spielt sich das Spiel ganz anders. Es ist auf zwei Ebenen angesiedelt, die eine die der Regierungen, die entscheiden müssen, was im Staat passiert und die andere ist die Ebene der Investoren, die nur den Gewinn im Auge haben. Daher ist es wirklich sehr wichtig diese beiden Ebenen klar von einander zu trennen, denn wem das nicht gelingt, der wird nicht gewinnen können.
Neben der Rolle als Investor übernehmen die Spieler in den Staaten auch die Regierung, die sie am stärksten mit Geld unterstützen. Zu Beginn erhalten alle Spieler je einen Kredit über 9 und einen über 4 Millionen. Der 9er sichert jedem Spieler eine Regierung. So hatte ich England, Immo Österreich, Jan Russland und Sylvia Italien. Die übrigen Regierungen werden dann an die Spieler verteilt, die für diese Länder (Deutsche Reich, Frankreich) die 4 Millionen-Kredite halten. Spielen mehr als 4 Spieler mit, so gibt es eventuell keinen Spieler, der zu Anfang schon zwei Regierungen stellt. Sobald ein Spieler mehr Geld in ein Land investiert als der Spieler, der gerade die Regierung stellt, übernimmt er die Regierung dieses Landes.
Die Spielreihenfolge ist festgelegt: Österreich, Italien, Frankreich, England, Deutsches Reich, Russland. Auch hier heißt es aufpassen, da diese Reihenfolge von der Sitzreihenfolge der Spieler abweicht. Wie oft wollte ich meinen Zug machen, obwohl Frankreich und Italien noch vor mir an der Reihe waren?
Ist dann ein Land, und noch dazu das richtige, an der Reihe, hat es verschiedene Aktionen zur Auswahl: Wie bei Antike gehen die Spielsteine der Länder auf einer Scheibe im Kreis; bis zu drei Felder kann man kostenlos vorwärtsgehen, jedes weitere bis sechs kostet 2 Millionen, die die Regierung blechen muss, nicht die Staatskasse.
Nachdem die Spieler ihre Kredite erhalten haben, legen sie das Geld in die Staatskasse des entsprechenden Staates. Hieraus bezahlt der Staat alle seine Ausgaben: zum Beispiel Dividenden, Fabriken und Armeen, die er importiert. Die wichtigste Aktion ist der Investor. Nimmt ein Staat diese Aktion in Anspruch, zahlt er aus seiner Staatskasse jedem Spieler, der Kredite gegeben hat, eine Dividende. Kann der Staat nicht alle Spieler auszahlen, muss die Regierung einspringen. Deshalb sollte man sich gut überlegen, ob ausgezahlt werden sollte, investieren kann nämlich nur der Spieler, der das Plättchen „Investor“ vor sich liegen hat. Er bekommt zwei Millionen aus der Kasse und darf entweder einen neuen Kredit geben, oder einen schon vorhandenen aufstocken. Entscheidet er sich fürs Aufstocken, kommt der alte Kredit wieder in den Vorrat zurück und das Geld in die Staatskasse. Danach wandert das Investor-Plättchen einen Spieler weiter nach links. Dividenenzahlungen sind eine der zwei Möglichkeiten Geld zu erhalten. Die gegebenen Kredite wandern stets in die Staatskasse. Man kann es nicht oft genug sagen…
Weitere Möglichkeiten sind:
- Import: Der Staat kann bis zu drei Einheiten für je eine Million kaufen, egal ob Armee oder Flotte.
- Produktion: Die Fabriken produzieren Einheiten; Werften je eine Flotte und Fabriken je eine Armee.
- Manöver: Jede Einheit kann sich ein Feld weit bewegen. Innerhalb des Landes können sich Armeen frei bewegen. Da Flotten im Hafen starten, ist die erste Bewegung immer in das angrenzende Seefeld. Flotten können auch Armeen transportieren, je eine Flotte kann eine Armee auf dem Seeweg in ein anderes Landfeld bringen.
- Fabrik: Der Staat zahlt 5 Millionen und baut eine neue Fabrik, entweder Werft oder Armeeproduktion. Die maximal Anzahl liegt bei 5 Produktionsstätten.
- Steuern: Das Leberstück des Spiels, nach dem Investieren. Der Staat erhebt Steuern, für jede Produktionsstätte bekommt er 2 Millionen und für jede Machtscheibe, die auf eroberte Ländereien (Belgien, Niederlande, Dänemark, Norwegen…) gelegt wurde eine. Auch Seefelder können „erobert“ werden und geben ebenfalls eine Million. So kann ein Staat maximal 20 Millionen einnehmen (5 Fabriken + 10 Scheiben). Von der Steuersumme werden je Einheit eine Million abgezogen. Den Rest bekommt der Staat in die Staatskasse. Aber auch die Regierung kann profitieren: Sie bekommt die Differenz an Machtpunkten als Millionen aus der Bank. Alle Staaten starten bei +0 Machtpunkten bei 2 bis 5 Millionen Steuereinnahmen. Die Steuern geben an, wie hoch der Staat auf der Steuerleiste klettert. Bekommt er 10 Millionen Steuern, entsprechen das +5 Machtpunkte. So bekommt die Regierung 5 Millionen Bonus. Die Machtpunkte werden unter dem Spielfeld auf einer Extraleiste festgehalten.
Für den Sieg entscheidend ist die Position des Staates auf der Machtleiste. Je weiter ein Staat vorrückt, desto mehr sind seine Kredite wert. Das Spiel endet, wenn ein Staat auf die 25 vorrückt. Jetzt werden die Staaten nacheinander gewertet. Steht Italien zum Beispiel im Bereich „x2“, so sind die Dividenden das Doppelte wert. Erreicht Russland die 25, erhalten die Spieler das Fünffache ihrer Dividenden. Zum Gesamtwert aller Kredite wird noch das Bargeld addiert. Wer nun am meisten Geld hat, ist der beste Investor.
Kommen wir nun zu den Konflikten, denn nicht immer einigen sich die Staaten gütlich. Es gibt, wie schon erwähnt, Flotten und Armeen. Konflikte lösen sich immer sehr einfach: Die Armeen / Flotten werden einfach abgetauscht. Ziehe ich mit einer Flotte in ein Seefeld, das schon besetzt ist, kann ich mich entscheiden ob ich dies feindlich tue. Sollte das der Fall sein, werden je eine Flotte entfernt. Das Gleiche trifft bei den Armeen zu. Um ein Land zu erobern, das besetzt ist, brauche ich also zwei Armeen. Startländer der großen Staaten können nicht erobert, aber besetzt werden. Fabriken können im Tausch mit drei Armeen auch vernichtet werden. Besetzte Fabriken produzieren solange nichts, bis sie wieder befreit wurden. Damit ein Staat auch die Chance dazu erhält, darf man die letzte Fabrik nicht besetzen. Das bezieht sich aber wirklich auf die letzte frei Fabrik, kann also auch eine Werft sein. Dann hat der Staat aber keine Chance mehr seine anderen Fabriken zu befreien, wenn auch noch seine Staatskasse leer ist. Ansonsten muss er importieren. Dass besetzte Fabriken keine Steuern zahlen, muss ich nicht noch erwähnen.
Die Machtscheiben wechseln ihren Besitzer immer dann, wenn nach der Bewegung nur noch ein Land in dem Feld vertreten ist. Machtchips zu verlieren ist nicht weiter schlimm, da wird man nicht drumherum kommen. Wichtig ist nur, möglichst viele vor den Steuern zu besitzen.
Das Schwerste im Spiel ist das auseinanderhalten der Ebenen. Verliere ich eine Regierung trifft mich das erst einmal sehr hart. Aber auch ohne Regierung habe ich die Chance auf den Sieg. Denn wer keine Regierung stellt, darf in der Investorphase ebenfalls investieren, allerdings bekommt er keine 2 Millionen aus der Bank. So kann ich auch einige Runden lang kleinere Kredite erwerben oder mir gleich wieder eine Regierung sichern. An sich sollten die Regierungen im Spiel öfter wechseln, aber zu gerne behalten Spieler die Regierung, die sie von Anfang an hatten. Auch das bringt natürlich Vorteile: wenn man seinen Staat gut führt, kann man bei Steuern die eine oder andere Million machen. Und wo wir gerade bei Vorteilen wären: Mache Staaten haben schon Vorteile anderen gegenüber. So kann sich Österreich-Ungarn zu Anfang recht einfach an Rumänien, Bulgarien und Griechenland gütlich tun, während England, ohne Armeeproduktion sich auf Seefelder beschränken muss, die aber auch vom Franzosen und vom Deutschen beansprucht werden. Auch der Deutsche hat es recht leicht. Der Russe beginnt mit einer Werft am Schwarzen Meer, so kann das Reich sich in der Ostsee ausbreiten und Schweden, Dänemark und Norwegen bekommen, wenn der Engländer nicht eingreift.
An sich ist das Spiel aber sehr ausgeglichen und, wie gesagt, kommt es nicht so sehr darauf an, ob man die ganze Zeit ein Land regiert oder mehrere. Deshalb sollten die Spieler darauf achten, dass sich kein Spieler mehrere Regierungen einverleibt. Zwar wird er dann in Interessenkonflikte geraten, besonders wenn man Frankreich und England oder Russland und Österreich führt.
Auch wenn in unseren Spielen viele Armeen vom Spielfeld verschwanden, so richtig kriegerisch war das Spiel nie. Manchmal ist das Abtauschen von Armeen auch die einzige Möglichkeit vor den Steuern die Ausgaben zu reduzieren. Leider haben wir keine Regel gefunden, wenn der Staat mehr Armeen unterhält als er sich leisten kann. Vielleicht haben wir es auch überlesen, da die Regel sehr klein gedruckt ist. Wir würden vorschlagen dass entweder soviele Armeen entfernt werden oder die Regierung, also der Spieler, den Sold übernimmt.
Imperial ist sicherlich eines der interessantesten Spiele seit langem. Auf den ersten Blick mögen einige Staaten Vorteile haben, aber wenn man das Spiel öfter spielt und unterschiedliche Regierungen übernimmt, wird man feststellen, dass es eigentlich sehr ausgeglichen ist und jedes Land weit vorne mitspielen kann.
Sie sollten Imperial kaufen, wenn Sie: | Sie sollten Imperial nicht kaufen, wenn Sie: | - ein strategisches Schwergewicht wünschen | - keine 3 Stunden am Stück spielen wollen | - Diplomacy gerne spielen | - nicht mit Geld umgehen können (zur Not fragen Sie Ihre Frau) | - sich auf zwei Ebenen zurecht finden | - auch ein wenig Glück im Spiel verlangen | - ein Spiel ohne Glück suchen | - spielen und nicht arbeiten wollen | - verschiedene Mechanismen ausprobieren wollen | | | |
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KurzinfosImperialGesamtbewertung AutorMac Gerdts VerlagEggertspieleErscheinungsjahr2006 Spieleranzahl2 - 6 Dauerca. 60 - 180 Min. Alterab 12 Jahren Preisca. 35 € AuszeichnungenSpiel des Jahres 2007 - Empfehlungsliste Deutscher Spielepreis 2007 - 7. Platz Besucher-WertungSie kennen Imperial? Wie viele Sterne würden Sie vergeben?
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