Coppertwaddle

Machtkampf im ganz alten England

Je weniger Spielmaterial es umfasst, desto anspruchsvoller ist manches Spiel. Dieses besteht aus 55 Spielkarten und außer der englischsprachigen Spielregel und einer kleinen Schachtel sonst nichts.

Der optische Eindruck führt einige Jahrhunderte zurück. Dazu gehören holzschnittartige, umbrafarbene Darstellungen auf ockerfarbenem Hintergrund. Für fast alle Spielkarten haben die Autoren sich eigenständige Darstellungen einfallen lasen, die Karten sind solide gearbeitet. Die altertümlich wirkenden Schrifttypen und Schreibweisen verweisen auf eine Zeit vor Shakespeare.

Eigentlich könnte eine Partie Coppertwaddle schon zu Ende sein, wenn ein Spieler zum achten Mal dran war, denn das Grundprinzip ist simpel: Von einem beiden gemeinsamen Nachziehstapel die oberste Karte ziehen, zunächst auf die Hand nehmen und dann vor sich ablegen. Dort entstehen vor jedem Spieler zwei Reihen mit je vier Karten; diese acht Karten bilden seine Domain. Sollte ein Spieler das Glück haben, genau vier Nobles (Adlige) und genau vier Peasants (Bauern) zu ziehen und ablegen zu können, ist die Partie vorbei. Allerdings kommt ihm dabei gar manches in die Quere: Zum Beispiel Karten, die weder Nobles noch Peasants sind, sondern ihm andere Vorteile bieten. Oder der Gegner macht ihm bereits ausgelegte Karten aus seiner Domain wieder abspenstig und reiht sie in seine Domain ein. Diese Möglichkeiten geben einer Partie die Würze.

Ein Spielzug besteht aus fünf Phasen. Ungewöhnlich: In der zweiten Phase innerhalb eines Spielzuges agiert nicht der Spieler, der just dran ist, sondern dessen Gegner. In drei der fünf Phasen können Aktionen ausgeführt werden, die die eigene Domain stärken und/oder die des Gegners schwächen. Am intensivsten ist das bei einem Raubzug der Fall: Wer genügend Stärkepunkte zusammen hat, kann eine Karte aus der gegnerischen Domain in seine eigene übernehmen. Allerdings kann auch während dieses Versuchs die unmittelbar beteiligten Karten sowie bestimmte sie unterstützende verstärkt, geschwächt oder vorübergehend unwirksam gemacht werden.

Das Erarbeiten der wesentlichen Elemente dieses Spiels hätte eine besser gestaltete Spielregel erheblich erleichtert. Sie sollte ins Auge springende Überschriften zeigen, damit sie auch zum schnellen Nachschlagen taugt. Auch die winzige ungewohnte Schrift mindert den Spielspaß. Immerhin die via Internet zur Verfügung stehende deutsche Spielregel liefert diesbezüglich etwas mehr als das englische Original.
Auch einige grundlegende Informationen beim Auflisten des Spielmaterials wären fürs Kennenlernen nützlich gewesen: Unter den Karten kommen Declarations vor, die vermutlich dauerhaft gelten, aber deren oben angegebener Text irrelevant ist. Favour-Karten kommen vor, die vermutlich einmalig eingesetzt werden. Was die rote Zahl am Unterrand mancher Peasent- und Noble-Karten bedeuten soll, hätten die Tester gern vorab erfahren. Und die Informationen, dass in jeder Domain alle Plätze von links beginnend belegt werden sollen und dass Karten, die mit der gestalteten Seite zur Tischplatte gedreht wurden, am Beginn jedes Zuges wieder sichtbar gemacht werden, hätten hervorgehoben manche Grübelei erspart.

Insgesamt ein Spiel, das viele Möglichkeiten bietet, zumal selten zwei Karten die selben Möglichkeiten bieten. Ähnlich wie beim Schach verlaufen wohl kaum mal zwei Coppertwaddle-Partien exakt gleich. Die Handlungen des Spiels reizen zur Frage, ob sich wohl Vergleichbares auch im alten England zutrug.

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